We proudly present:
Alpine Neujahrsvorsätze 2023: Ein Berg an Zielen! In der Kolumne Philipps Bergkosmos schildert unser bergwütiger Autor in regelmäßiger Unregelmäßigkeit und mit einem Augenzwinkern seine Sicht auf die Bergwelt. In seiner neuesten Kolumne #6 präsentiert uns Philipp einen Berg an Zielen. Hier kommen seine alpinen Neujahrsvorsätze für 2023!

******************************************

Philipps Bergkosmos Kolumne #6:
Alpine Neujahrsvorsätze 2023: Ein Berg an Zielen!

Es soll Bergsteiger geben, so munkelt man, die ihres Bergsteigerlebens ohne To-Do-Liste glücklich werden. Donner und Doria! Ohne jenes alpine Schriftstück also, das, mal liebevoll kalligraphiert, mal wild verschmiert, die anvisierten Bergziele des Wanderwütigen vom reinen Gedankenspiel ins Schriftliche überführt. So unschuldig kommt die To-Do-Liste daher, dass niemand Verdacht schöpfen würde, sie könne ihren Verfasser in rege Ekstase versetzen. Doch weit gefehlt! Wann immer ich einen Blick auf deren Inhalt erhasche – Großglockner, Hochkönig, Dachstein, Hohe Munde – ist’s um mich geschehen. Dann heißt’s: Ich will dort hin, ich möcht‘ hier weg, und bin schon jetzt ganz hin und weg!

Nächstes Gipfelziel vor Augen: Der Großglockner mit 3.798 m in den Hohen Tauern. Foto: Heinz Hummel, pixabay
Nächstes Gipfelziel vor Augen: Der Großglockner mit 3.798 m in den Hohen Tauern. Foto: Heinz Hummel, pixabay

»Neujahrsvorsätze finden« für Bergsteiger – schwerer als gedacht

Es soll derweil auch Bergsteiger geben, die nutzen ihre To-Do-Liste frappierend schamlos als Ersatz für fehlende Neujahrsvorsätze aus. Großglockner, Hochkönig, Dachstein, Hohe Munde – was brauch‘ ich da noch weitere Ziele?! »Mehr Sport treiben?« Bereits inkludiert. »Weniger Essen?« Gebietet sich auf Berghütten nicht! »Öfter mal draußen in der Natur sein?« Ernsthaft…? Alle gängigen Neujahrsvorsätze, so die These, sind für Bergsteiger tabu, vollends unbrauchbar!

Doch kein Grund für vorschnelles Verzagen. Heuer habe ich weder Kosten noch Mühen gescheut, um euch mit dieser Kolumne wahrhaft sinnvolle Bergsteiger-Vorsätze zu servieren. Was folgt, sind meine ganz persönlichen, gut durchdachten Neujahrsziele für 2023 – ergänzt um die Vorsätze des Rother Bergverlags, der sich, einfallslos wie eh und je, erneut das Veröffentlichen zahlreicher Wanderbücher vorgenommen hat.


Richtig aufblühen! Neujahrsvorsatz #1:

Um es durch die Blume zu sagen: mein floristisches Verständnis ist beklagenswert. Das gebe ich unverblümt zu, denn der blumige Sprachstil und die vielen Floskeln (aus dem lateinischen von flosculus, übersetzt „Blümchen“) täuschen geschickt darüber hinweg, dass ich in puncto Pflanzenkunde eine Niete bin. Einzig drei Blütenpflanzen identifiziere ich im Gebirge aus den folgenden Gründen treffsicher: Edelweiß (DAV-Mitgliedschaft), Löwenzahn (frühkindliche Bildung mit Peter Lustig) und Enzian (Schnaps).

Ein Sammelsurium ausgefallener Pflanzenarten in den Alpen

Just während ich mir die Optik des Enzians vergegenwärtigte, kam mir diese Schnapsidee: der Vorsatz, bis Ende des Jahres mindestens 30 Blumenarten der Bayerischen Alpen zu enttarnen. Dass das gänzlich neue Möglichkeiten schafft, verdeutlicht schon ein Blick auf manchen ausgefallenen Pflanzennamen: statt dem Märchen Dornröschen (zig mal gesehen!) gibt’s zukünftig ein märchenhaftes Kohlröschen zu bewundern, statt abblätterndem Rost (war noch nie mein Ding!) die Rostblättrige Alpenrose, statt Alpenmilch-Schoki (war eigentlich immer mein Ding…) den Alpen-Milchlattich, statt nur Wimpern an den Augen, Bewimperte Alpenrosen, statt der üblichen Kopfbedeckung einen Fingerhut, statt Spinnenweben im Haus den Spinnweben-Hauswurz, statt wohlriechenden Hendln den Wohlriechenden Händelwurz, statt meiner gemeinen Nichte die Gemeine Fichte und statt fliegenden Vögeln die eher bodenständigen Roten Waldvöglein.

30 Pflanzenarten der Alpen innerhalb eines Jahres erlernen? Auf der Alp Sigel startet man mit den Grundlagen: einem farbenprächtigen Meer aus Löwenzahn. Foto: Philipp Irber
30 Pflanzenarten der Alpen innerhalb eines Jahres erlernen? Auf der Alp Sigel startet man mit den Grundlagen: einem farbenprächtigen Meer aus Löwenzahn. Foto: Philipp Irber

Der Rother Bergverlag seinerseits hat sich zum neuen Jahr vorgenommen, mir beim Erreichen dieses Ziels unter die Armen zu greifen. Wie freundlich! Denn musste man bisher für das Erlangen profunder Pflanzenkenntnisse bis nach Madeira oder auf die Kanarischen Inseln reisen , ohne das erlernte Wissen über immergrüne Lorbeerblätter später in den heimischen Hausbergen anwenden zu können, erscheint in diesem Frühjahr das Wanderbuch »Blumenwanderungen Bayerische Alpen«. Pflanzenkunde und florenreiche Genusstouren in nahe gelegenen Gefilden. Eine letzte Floskel muss ich hierzu bemühen: da blühe ich auf!



(Trotzdem) Keinen Hund zulegen! – Neujahrsvorsatz #2:

»Nicht vor die Hunde gehen«, dieses Sprichwort sollte zwingend der Standard-Vorsatz jedes Alpinisten sein, ganz gleich, welch abenteuerliche Unternehmung seine To-Do-Liste ziert. »Nicht unter die Hundehalter gehen« hingegen existiert als Sprichwort bislang nicht, und es ist zweifelhaft, ob dieses im Jahr 2023 Einzug in den Sprachgebrauch halten wird. Denn niemals war die Zeit günstiger, sich als Bergsteiger einen vierbeinigen Wanderpartner zuzulegen! Seit 1. Januar bietet der Österreichische Alpenverein seinen Mitgliedern eine Hundeversicherung an, die etwa die Kosten für eine alpine Bergung des Vierbeiners rückerstattet. Weil von dieser Neuigkeit der Hund sprichwörtlich in der Pfanne verrückt wird, das dem Hund im Wortsinn jedoch nicht gut bekommt, schlagen rhetorisch weniger bewanderte Wanderer Alarm und lassen ihren Vierpfoter umgehen im Alpenverein versichern.

Keinen eigenen Hund als Wanderpartner parat? Eine Besteigung des Hundstein über dem Schweizer Fälensee ist für ambitionierte Bergsteiger ähnlich beglückend! Foto: Philipp Irber
Keinen eigenen Hund als Wanderpartner parat? Eine Besteigung des Hundstein über dem Schweizer Fälensee ist für ambitionierte Bergsteiger ähnlich beglückend! Foto: Philipp Irber

Keine Versicherung, aber eine Garantie: Rother Hundewandern auch 2023

Weil das die Lebenserwartung alpinistisch veranlagter Hunde in ungeahnte Höhen zu katapultieren vermag, wittert der Rother Bergverlag Morgenluft. Zwar ist der Verlag nicht imstande, Hunde zu versichern, ersatzweise versichert er seiner Leserschaft jedoch die Erweiterung der Buchreihe »Wandern mit Hund« – sie wird im Jahr 2023 um die Neuerscheinungen »Wandern mit Hund – Allgäu« und »Hüttentouren mit Hund – Alpen« ergänzt, so der tierisch gute Rother-Vorsatz.

Ich meinerseits setze mir jedes Jahr das Ziel, mir keinen Hund zuzulegen. Das ist clever, schließlich weiß ich, dass ich gar keinen Hund möchte. Ein Neujahrsvorsatz, der funktioniert! Der nun jedoch, dem ÖAV und Bergverlag geschuldet, objektiv betrachtet immer schwerer einzuhalten ist. Na vielen Dank!



Die Welt mit Kinderaugen betrachten!Neujahrsvorsatz #3:

Meine oben dargelegte Skepsis gegenüber Hunden speist sich aus einem Überschuss an Kreativität, der mir in den Kindheitsjahren zu eigen war. Wild bastelte ich damals aus altbackenen Sprichwörtern neue, ähnlich klingende Verlautbarungen. Der Klassiker »Hunde, die bellen, beißen nicht« wurde so etwa zum Gassenhauer »Skier mit Dellen verschleißen nicht« – was offenkundig eine Fehleinschätzung darstellt. Das bemerkte ich und übertrug es unbeabsichtigt auch auf den Hunde-Spruch, den ich fortan als unwahr geißelte.

»Hunde, die Bellen, beißen nicht« – »Bücher für Kinder zerreißen nicht«

Mit den Jahren setzte sich nicht nur der Verschleiß meiner bereits verdellten Skier fort, auch die Kreativität bekam Risse und wich schließlich der »adoleszenten Nüchternheit« – eine Formulierung, die man nur mit adoleszenter Nüchternheit über die Lippen bekommt. Das zeigte sich fortan auch auf Bergtouren. Die von echter Neugierde geprägte Kinderfrage »Wie lange dauert’s denn nun noch?!« wich der biederen Analyse »Nun noch 2 Stunden«. Anstelle der Begeisterung, die ein mit »glitzernd nassem Laub überdeckter« Wanderpfad auslöste, duellieren sich in solch einer Situation heute meine Beine mit einem grimmigen Fluch darüber, wer zuerst aus- bzw. rausrutscht. Und in ein paar Jahren, das prophezeie ich schon jetzt, fällt der kindliche Jubelschrei am Gipfel (»So ein tolles Kreuz!«) verkürzt und – aufgrund der Rückenschmerzen – in anderem Kontext aus (»So ein Kreuz!«).

Diese tristen Aussichten gefallen mir recht schlecht. Darum gibt’s meinen dritten Vorsatz, der besagt, mir die kindhafte Sichtweise auf Bergtouren wieder anzueignen. Konkret bedeutet das: Maikäfer am Wegesrand studieren; sich im August wundern, wieso (abseits des Monats Mai) Maikäfer am Wegesrand zu studieren sind; im Dezember Maikäfer in vom Wind geformte Schneeskulpturen hineinfantasieren. Und – wenn mal wirklich gar keine Maikäfer verfügbar sind – aus Langweile ein Wettrennen bis zur nächsten Weggabelung veranstalten. Es bedeutet auch, den Weg zum Abenteuer zu machen und sich an kleinen Dingen zu erfreuen, die der Erwachsene gar nicht erst wahrnimmt. Plötzlichen Planänderungen etwas Positives abgewinnen zu können.

Der Wald und die Natur sind der größte Abenteuerspielplatz. Foto: Regina Hösl
Der Wald und die Natur sind der größte Abenteuerspielplatz. Foto: Regina Hösl

Ab 2023: Kinderparadies Schwabenland

Was es außerdem alles bedeutet, das vermag ich mir mit meiner adoleszenten Nüchternheit heute noch nicht vorzustellen! Der Rother Bergverlag ist da – im Schritt zurück Richtung Kindlichkeit – bereits einen Schritt weiter. Denn trotz seiner mittlerweile 103 Jahre auf dem Buckel bedient er mit seinen Wandertiteln partout nicht nur die ihm Gleichaltrigen, wie die Buchreihe »Erlebniswandern mit Kindern« illustriert.

Im Jahr 2023 schmiedet der Verlag den Vorsatz, die neuen Bände »Erlebniswandern mit Kindern – Schwäbische Alb Ost«, »Erlebniswandern mit Kindern – Schwäbische Alb West« sowie »Erlebniswandern mit Kindern – Rund um Stuttgart« zu veröffentlichen – es hat sich nämlich herumgesprochen, dass selbst auf der Schwabenalb und in Stuttgart Kinder leben. Kein Wunder, gibt’s dort neben spannenden Tropfsteinhöhlen und ungewöhnlichen Vulkanlandschaften auch verlassene Ritterburgen und Ruinen zu erkunden – wenn ich das höre, möchte ich glatt nochmal Kind sein. Vorsatz erfüllt!



Aller guten Dinge sind drei!Neujahrsvorsatz #4:

Mein vermutlich bester Vorsatz lautet: nicht mehr als drei Ziele vornehmen. Da spielt der Rother Bergverlag freilich nicht mit und schiebt ein ganzes Bündel weiterer Neuerscheinungen als Jahresvorsatz hinterher. Kostprobe gefällig? »Wandern am Wasser Salzkammergut«, »Weinwandern Pfalz«, »Stille Wege Vinschgau und Meraner Land«, »Leichte Wanderungen Mallorca« und noch viele mehr – die Antwort auf alles ist offenbar nicht nur laut Douglas Adams: 42. Mindestens…

Viel Spaß mit jeder Menge Neuerscheinungen, Neuauflagen und der Umsetzung eurer eigenen Vorsätze wünscht euch



Na, hat Euch die Kolumne getaugt? Dann lest gleich weiter und entdeckt hier Philipps Bergkosmos:

#1: »Spekulatius-Berge und Kokosmakronen-Gletscher. Weihnachtsgebäck im Wandergepäck«
#2: »Fantastische Bergnamen – ein Blick in die Welt der skurrilen und lustigen Gipfelnamen«
#3: »Das kleine Einmaleins alpiner Orientierung – Teil 1«
»Das kleine Einmaleins alpiner Orientierung – Teil 2«
#4: »Heiße Tipps für coole Touren – Hotspots in Vorarlberg«
#5: »Die schönsten Bänke deutschland- und alpenweit«

Autor

Philipp, gebürtiger Münchner, wohnt am Bodensee, dessen Größe er am liebsten von nahen Gipfeln aus der Vogelperspektive bestaunt. Er schwört darauf, dass mit einer Kombination aus Öffis, Radel und Wanderschuhen fast jeder Gipfel erreichbar ist – zumindest, wenn ein kraftspendender Nusszopf im Tourengepäck enthalten ist. In dieser Kolumne schildert er fortan in regelmäßiger Unregelmäßigkeit und mit einem Augenzwinkern seine Sicht auf die Bergwelt.

Kommentarfunktion deaktiviert

Facebook
Twitter
Instagram