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In der Kolumne Philipps Bergkosmos schildert unser bergwütiger Autor in regelmäßiger Unregelmäßigkeit und mit einem Augenzwinkern seine Sicht auf die Bergwelt. In seiner neuesten Kolumne #5 zeigt uns Philipp wie man richtig rastet und führt uns zu den schönsten Bänken deutschland- und alpenweit!

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Kolumne #5: Richtig Rasten. Die schönsten Bänke deutschland- und alpenweit

Als Autor einer Kolumne bin ich stets darauf erpicht, Neuartiges, Kurioses und Überraschendes aufzuschnappen – völlig ungeeignet kommt deshalb die schon häufig zitierte Nachricht daher, das Auto, gerne auch Fahrzeug genannt, sei eigentlich ein Stehzeug. Rund 23 Stunden, das sind 96 % des Tages, befindet es sich durchschnittlich im unbewegten Ruhezustand, selbst wenn man uns Bergwanderer in die Rechnung einbezieht, die wir unsere Alpenabenteuer gerne mit dem motorisierten Gefährt ansteuern.

Nun sage ich euch: mein eigenes Auto, es fährt weder, noch steht es. Es existiert nicht einmal. Ob Fahr- oder Stehzeug ist da eine recht illusorische Frage. Zum Ausgleich – irgendwelche Gedankengänge braucht es ja – fragte ich mich neulich auf einer Wanderung mit großer Verwunderung, ob der Begriff »Wanderung« meine Aktivität überhaupt treffend beschreibt. Denn mich suchte eine, nun wahrlich neuartige, kuriose und überraschende Erkenntnis heim: beim Wandern schätze ich am meisten das Stehen. Präziser ausgedrückt, das Sitzen. Das Rasten. Oh, wie wundervoll!

»Das Haus am See«, ein bekannter Popsong, ist nett – gegen die Bank am See kommt es bei mir jedoch nicht an...
»Das Haus am See«, ein bekannter Popsong, ist nett – gegen die Bank am See kommt es bei mir jedoch nicht an…

Ein Loblied auf die Bank am Berg

Wandertour oder Sitztour – das ist hier die Frage! Zu meiner Verteidigung möchte ich ausführen, dass meine Wandertouren, im Kontrast zum Stehzeug, nicht zu 96 % aus Rasten bestehen. Von Sitztouren – welch eigenwilliger Begriff –  kann folglich keine Rede sein! Dennoch, was eine jede Wanderung für mich zur sicheren Bank werden lässt, ist eine (sichere) Bank.

Die heutige Kolumne ist daher ein längst überfälliges Loblied auf die Rastbank am Berg! Freilich, auch die puristische Lösung, eine selbst mitgebrachte Sitzunterlage für die gemütliche Gipfelrast steht hoch im Kurs. Doch folgendes Problem ist omnipräsent: spätestens nach der vertilgten zweiten Spalte Bergkäse drückt’s und zwickt’s am Allerwertesten, bei mir schläft  gerne das gesamte linke Bein ein, dem schmalen Sitzkissen zum Trotz. Die raue Bergwelt ist nun spürbar am eigenen Leib. Was dagegen tun? Man ruckelt, man rutscht – nachhaltig besser wird es selten.

Die Leichtigkeit des Sitzens: Vorzüge einer Bank

Die Ebenmäßigkeit der Rastbank bietet da die Möglichkeit, seine Gipfelbrotzeit mit Genuss zu verlängern. Der vom schweren Wanderrucksack geschundene Rücken darf sich an die Rückenlehne schmiegen, kurz ausruhen. Und die müden Beine, sie können genüsslich durch die Luft baumeln, wenn die Bank zu groß oder der Mensch darauf zu klein ist. Es muss kein ergonomisches Sitzen sein – dennoch ist es traumhaft und erholsam, über 10, 20 oder volle 60 Minuten!

Dieses Potential müssen auch wir im Rother Bergverlag erkannt haben, oder? Rasch wühle ich mich durch das Verlagssortiment, lediglich pro forma, schließlich weiß ich bereits, was mich erwartet – beziehungsweise, was nicht: zwar gelten die Rother-Bücher gemeinhin als sichere Bank für qualitätsgeprüfte Wanderliteratur, und der erwirtschaftete Umsatz des Verlages liegt – so hoffe ich – auf sicheren Banken. Das Reservoir an Titeln, die sich der klassischen Rastbank widmen, ist im Bergverlag hingegen so präsent wie mein Auto. Inexistent.

Der Rother Bergverlag und seine Bänke – eine Spurensuche

Heute begebe ich mich auf die Suche und liefere mit großer Verve Vorschläge ab, wie Rother Originaltitel mit nur geringfügigem Aufwand angepasst werden können, um das  ergiebige Thema Sitzbank im Verlagsrepertoire abzudecken. Zugegeben, die Anregungen sind nicht ganz ernst gemeint und ich befürchte, keiner der Titelvorschläge wird veröffentlicht. Da hilft es zum Trost, dass man auch mit den Originaltiteln wunderbar schwelgen und schmökern kann – am besten, na klar, auf einer gemütlichen Bank. Viel Spaß!

1. »Wandern & Sitzen Fränkische Schweiz«

Das Standardwerk, »Wandern & Sitzen« ist die Basisliteratur für angehende Sitzsportler und ambitioniert Rastende. Inklusive wichtiger Fakten zur ergonomischen Sitzhaltung, der optimalen Verweildauer (Stichwort »Wer rastet, der rostet»…) und mehreren schlechten Wortwitzen zum Thema Bank – jeder dieser Witze hat gesessen. Nicht zu verwechseln mit dem ebenfalls charmanten Titelvorschlag »Sitzen & Einkehren«, der einem Wirtshausführer aber zu nahe kommt, um von einem Bergverlag authentisch verlegt werden zu können. Zum Original »Wandern und Einkehren Fränkische Schweiz«.

2. »Bänke am Wasser Österreich. 1500 Bänke am kühlen Nass«

Ich persönlich bin ja nicht nah am Wasser gebaut, doch wenn ich eine Bank sehe, die nah am Wasser gebaut ist, dann laufen mir schon mal die Freudentränen. Gibt es etwas anmutigeres als den Anblick von Bank, Wasser und Bergen? Natürlich nicht. Weil derart viele Menschen meine Ansicht teilen, existiert keine andere Lage, in der Bänke häufiger errichtet werden. Der Rother Wanderführer »Bänke am Wasser« trägt dem Rechnung und führt sämtliche 1500 Bänke am Wasser im österreichischen Alpenraum auf. Die mutmaßliche Bestrafung, all diese Bänke zu bereisen, ist eine Strafe, die ich liebend gerne absitze, im besten Wortsinne! Zum Original »Wandern am Wasser Ostösterreich«.


3. »Panorama- und Aussichtsbänke Südtirol«

Bei der Verteidigung ihrer mengenmäßigen Spitzenposition müssen die Bänke am Wasser lediglich eine Kategorie fürchten: Bänke an Aussichtspunkten. Wie jeder gute Panoramaweg sind auch die »Panorama- und Aussichtsbänke Südtirol« häufig überfüllt, das dortige Rasten an sommerlichen Wochenenden ist folglich zu vermeiden, möchte man nicht dicht an dicht mit seinen Banknachbarn logieren – oder gar in zweiter Reihe, was den Panoramagenuss, der Vorderköpfe wegen, schmälert.
Zum Original »Panoramawege und Aussichtsberge Südtirol«.

4. »Wilde Bänke Allgäu – Lechtal. 50 anspruchsvolle Bänke«

Erstaunlich, in welcher Hülle und Fülle das Kontrastprogramm der Panoramabänke in der Bergwelt vorzufinden ist: Bänke, scheinbar grundlos vor dichten Baumreihen aufgestellt, das Panorama ist gleich Null. Ich spreche in solchen Fällen gerne von »Wilden Bänken«, die im gleichnamigen Rother Wanderbuch verewigt werden. In der Auswahl ebenfalls enthalten: altbekannte – manchmal auch nur alte – Bänke, welche in einer Weise wackeln, dass der Anforderungsgrad schwer, mit anspruchsvollem Sitzen, gerechtfertigt ist. Für Leute, die nicht über die notwendige Sitzsicherheit verfügen, werden solche Touren schnell zu Tortouren! Zum Original »Wilde Wege Allgäu – Lechtal«.

5. »Münchner Bänke und ihre Geschichte(n)«

Die Kolleginnen aus dem Marketing quittieren meine kläglichen Anpreisungsversuche des Rother Wanderführers »Münchner Bänke und ihre Geschichte(n)« mit reichlich Spott. Doch ich finde den Titel aller Ehren wert, ist es doch objektiv das langweiligste Rother Wanderbuch der Historie! Der willensstarke Leser erhält Infos zum Errichtungsjahr, Motiv und Hintergrund der Erbauung, namentlich erwähnte Erstsitzer, Anzahl zwischenzeitlicher Lasuren sowie Menge und Art vandalismusbedingter Schäden. Ein fotodokumentarischer Vergleich der Bänke in unterschiedlichen Jahrzehnten, auf denen meist kein Unterschied erkennbar ist, rundet das Gesamtpaket ab.
Zum Original »Münchner Berge und ihre Geschichte(n)«.

6. »Leichte Bänke Südtirol West: Bänke aus Aluminium, Bambus und anderen gewichtsreduzierten Materialien«

Eine gängige These besagt, dass man beim Wandern manchmal schwere Beine hat. Blöd nur, wenn hinzu auch noch schwere Materialien kommen, die man zum Errichten einer Rastbank den Berg hinauf schleppen muss. Die Bank in klassischer Holzausführung und der Bandscheibenvorfall, sie sind eng miteinander verstrickt.

Es war dies wohl der Siegeszug der Bänke aus Aluminium, Bambus und anderen gewichtsreduzierten Materialien. Das Buch »Leichte Bänke Südtirol West« gilt als sprichwörtliches Leichtgewicht im Rother-Sortiment. Manche fragen gar, warum man überhaupt einen Tourenführer zum Thema leichte Bänke schreiben muss? Die Antwort, nun ja: schwer zu sagen. Zum Original »Leichte Wanderungen Südtirol West«.

7. »kurz & gut! Bänke für Singles und schmale Paare im Hochschwarzwald. 60 Mal Sitzen ohne Nachbarn«

Es haben sich schon vielfach Ehedramen am Berg abgespielt. Die Tourenwahl des Partners, zu lang, zu steil, zu schwer! Je höher hinauf es geht, desto frostiger wird die Atmosphäre – keineswegs aufgrund der absinkenden Lufttemperatur. Müssen die zwei Streithähne auf der Gipfelbank dann noch nebeneinander Platz nehmen, obwohl man sich absolut nichts mehr zu sagen hat, tut das der Lage nicht gut. Paare mit einem Faible für solch miesepetrigen Touren, oder Singles, die weiter single bleiben möchten, greifen dann beherzt zum Rother Wanderbuch »kurz & gut – Bänke für Singles und schmale Paare«. Geselligkeit geht anders, doch mit der verführerischen Ruhe auf der Einzelbank reift zwischen den zerstrittenen Partnern die Erkenntnis, sich schleunigst auszusprechen – man kann es hier ja eh nicht auf die lange Bank schieben.
Zum Original »kurz&gut! Hochschwarzwald«.

8. »Erlebnisbänke für Kinder Salzkammergut«

Wandern mit Kindern kann zum Erlebnis werden, nicht immer jedoch zum positiven. Es sind diese fünf vertrackten Wörter »Wie lange dauert es noch?«, deren stete Wiederholung die Eltern zur Verzweiflung treiben können, wenn sie keine besseren Antworten als »40 Minuten« oder »jetzt nur noch 38 Minuten« parat haben.

Welche Erlösung, wenn nach weiteren 10 Minuten ungeahnt eine »Erlebnisbank für Kinder« um die Ecke kommt! Bänke bei Schaukeln, Bänke als Schaukel, bunte Bänke, Bänke, aus denen Blumen und Bäume wachsen. Bänke, die das scheinbar Unmögliche ermöglichen: dem widersprüchlichen Bedürfnis der Sprösslinge nach Ausruhen und Abenteuer gleichermaßen beizukommen!
Zum Original »ErlebnisWandern mit Kindern Salzkammergut«.


9. »Premiumbänke Schwäbische Alb. 38 luxuriöse Genuss-Bänke«

Als ich im Jahr 2020 dachte, das reichlich bestückte Rother-Sortiment könne nicht mehr um neuartige Titel erweitert werden, alle Themen seien nun abgedeckt, kam die Wanderbuch-Reihe »Premiumwandern« auf, eine – wie ich es mir damals vorstellte – besonders erhabene Form des Wanderns. Ich lag falsch, handelt es sich bei den aufgezeigten Routen schließlich um vom Deutschen Wanderinstitut zertifizierte Wanderwege – deshalb also »premium«.

Bei den »Premiumbänken Schwäbische Alb« lag ich von Anfang an goldrichtig. Und ich lag verdammt gemütlich! Luxuriös und prunkvoll, irgendwie premium. »Sitzt du noch oder liegst du schon?«, lautet die passende Frage, denn die im Tourenführer vorgestellten Premiumbänke sind mehr Ruheliegen als stereotype Sitzbänke. Die Gefahr ist indes riesig, sich nie mehr aufraffen und weiterwandern zu wollen. Es sei denn – gottlob – es winkt die Aussicht auf einen Premiumwanderweg!
Zum Original »Premiumwandern Schwäbische Alb«.


10. »22 perfekte Wochenenden auf der Bank«

Wer Loriots kunstvolle Sketche kennt, der weiß, dass man manchmal einfach nur sitzen möchte. Wenn es sein muss, auch ein ganzes Wochenende lang. Für Freunde der Entschleunigung bietet sich hierfür der Rother Selection Band »22 perfekte Wochenenden auf der Bank« an, mit extra langen Bänken, für den unwahrscheinlichen Fall, dass man zum Schlafen auch mal liegen möchte.
Zum Original »22 perfekte Skitouren-Wochenenden«.




Na, hat Euch die Kolumne getaugt? Dann lest gleich weiter und entdeckt hier Philipps Bergkosmos:

#1: »Spekulatius-Berge und Kokosmakronen-Gletscher. Weihnachtsgebäck im Wandergepäck«
#2: »Fantastische Bergnamen – ein Blick in die Welt der skurrilen und lustigen Gipfelnamen«
#3: »Das kleine Einmaleins alpiner Orientierung – Teil 1«
»Das kleine Einmaleins alpiner Orientierung – Teil 2«
#4: »Heiße Tipps für coole Touren – Hotspots in Vorarlberg«

Bis bald und viele Grüße!

Autor

Philipp, gebürtiger Münchner, wohnt am Bodensee, dessen Größe er am liebsten von nahen Gipfeln aus der Vogelperspektive bestaunt. Er schwört darauf, dass mit einer Kombination aus Öffis, Radel und Wanderschuhen fast jeder Gipfel erreichbar ist – zumindest, wenn ein kraftspendender Nusszopf im Tourengepäck enthalten ist. In dieser Kolumne schildert er fortan in regelmäßiger Unregelmäßigkeit und mit einem Augenzwinkern seine Sicht auf die Bergwelt.

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