Ein Gastbeitrag von Rother-Autorin Cordula Rabe

Costa Blanca: Hier kann man das ganze Jahr über genussvoll wandern. Aber am abwechslungsreichsten gestalten sich die hiesigen Wandertouren von Herbst bis ins Frühjahr. Ob an der Küste, hoch in den Bergen oder im abgelegenen Hinterland, es findet sich immer die passende Tour zum Wetter. Unsere Autorin Cordula Rabe liebt das Leben und Wandern an der Costa Blanca und zeigt euch ihre Lieblingstouren an der spanischen Ostküste.

»Bei euch an der Costa Blanca dauert die Wandersaison sicher länger?«, fragte neulich ein Kollege aus Deutschland. Nein, hier geht sie jetzt erst richtig los! 😊 Seit 25 Jahren lebe ich an der »weißen Küste«, wie die Costa Blanca übersetzt heißt, in der Provinz Alicante an Spaniens Ostküste. Fast jedes Wochenende gehe ich wandern. Ein paar meiner Lieblingstouren stelle ich hier vor. Ein fotogener Naturtunnel, der höchste Berg der Provinz Alicante, die höchsten Klippen an Spaniens Ostküste und der höchste küstennahe Berg der Iberischen Halbinsel sind ihre Hauptdarsteller.


#1 Lieblingstour an der Costa Blanca:
Sierra de Bèrnia: Um den Berg herum und mitten hindurch

Mein Hausberg ist die Sierra de Bèrnia. Wie der Rücken eines schlafenden Drachen ragt der gezackte Felskamm bis zu 1126 m hoch hinter Altea auf und reicht fast bis ans Meer. Ein rund 9 km langer Wanderpfad führt auf einer Höhe zwischen 600 und 850 m um den Berg herum. Viel fotografierter Höhepunkt ist das »Forat«, ein rund 20 m langer Naturtunnel von einer zur anderen Seite. Vor 25 Jahren war dies meine erste Wanderung an der Costa Blanca. Seither mache ich sie mindestens einmal im Jahr – bisher also gut und gerne um die 40 Mal. Die Tour begeistert mich einfach immer wieder.

Man kann auf der Süd- oder Nordseite starten. Mir gefällt der Beginn auf der Nordseite besser. Ab dort geht man den Weg im Uhrzeigersinn: So absolviert man den steilen Aufstieg zum auf 850 m Höhe gelegenen Forat gleich am Anfang und an der schattigen und kühleren Seite der Bèrnia. Dann krabbelt man in den anfangs nur etwa 1 m hohen, dunklen Naturtunnel und tritt auf der Südseite durch ein riesiges Oval ins gleißende Sonnenlicht. Der Tunnelausgang bildet den spektakulären Rahmen für ein umwerfendes Panorama: das azurblaue Mittelmeer mit der Bucht von Altea, der markante Bergzug der Sierra Helada, dahinter der Hochhauswald von Benidorm, ganz in der Ferne ist Alicante zu erahnen.

Danach bleibt der Pfad herausfordernd, die Landschaft rau und wild. Rechts ragt der bildschöne Felskamm der Bèrnia auf, links in der Ferne reihen sich Puig Campana, 1408 m, Monte Ponoig, 1182 m, und die Sierra de Aitana, mit 1558 m der höchste Berg der Provinz Alicante, auf.

Am Weg liegen auf 820 m Höhe die Reste einer grandiosen Fehlplanung: das Fort de Bèrnia. Auf Google Maps ist die vierzackige, einst gar nicht so kleine Wehranlage noch gut zu erkennen. Es wurde um 1562 und bereits 1612 wieder aufgegeben. Die Lage der Festung hatte sich als eher unpraktisch erwiesen, um vom Meer kommende Piratenangriffe abzuwehren …

Wagemutige können ab dem Fort auf einem teils haarsträubenden Pfad auch noch den 1126 m hohen Gipfel der Bèrnia besteigen, oben wartet ein grandioses 360-Grad-Panorama.

Insider-Tipps zur Tour:

Tipp #1: Die Wanderung wird von den Tourismusämtern viel beworben. Entsprechend voll und laut ist es an den Wochenenden. Daher besser von Montag bis Freitag unternehmen.

Tipp #2: Am Ausgangspunkt auf der Nordseite gibt viele Parkplätze sowie drei Einkehrmöglichkeiten. Mein Lieblingslokal ist die Bar-Refugio Vista Bèrnia (von Benissa kommend links der Passstraße): Auf der wunderschönen Terrasse unter schattigen Kiefern kann man mit herrlichem Meerblick eine leckere Paella genießen (Tel. +34 666 528 345).

Tipp #3: Für die teils felsigen, steinigen und rutschigen Pfade braucht es unbedingt Trekkingschuhe, am besten mit hohem Schaft, damit die Knöchel im Falle eines Ausrutschens geschützt sind.


#2 Lieblingstour an der Costa Blanca:
Sierra Helada: Immer scharf am Abgrund entlang

Ohne Übertreibung: Diese Tour spielt in der Liga der spektakulären Routen der Rother-Wanderführer ganz oben mit. Ihre Bühne: die höchsten Klippen an Spaniens Ostküste, 6 km lang, bis zu 435 m hoch. Knapp 5 km verläuft der Wanderpfad meist haarscharf direkt am Klippenrand entlang. Vom höchsten Punkt könnte man locker auf den fast 70 m niedrigeren Berliner Fernsehturm herabschauen. Dass man für den insgesamt rund 7 km langen Weg von Nord nach Süd rund 4.30 Std. benötigt, sagt schon alles: Nach dem Aufstieg von 50 auf 435 m Höhe geht es wie in einer Achterbahn permanent 50, 60 Hm hoch und wieder runter.

Die mächtige Kalksteinfront erscheint bei Vollmond vom Meer aus wie ein Eisberg. Daher der Name »Eisiger Bergzug«. Der Ursprung könnte aber auch ein anderer sein: Unterwegs lässt einem der Blick über die Klippen in den Hunderte Meter tiefen Abgrund immer wieder das Blut in den Adern gefrieren. An einer Stelle fällt der Pfad scheinbar unüberwindbar senkrecht am felsigen Hang ab. Ohne geeignetes Schuhwerk, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit geht hier gar nichts! Bei meiner Wanderung Ende November sorgten vom Meer heraufziehende Wolkenfetzen noch für einen zusätzlichen Gänsehautmoment.

Atemberaubende Ausblicke

Wer sich auf das Abenteuer einlässt, erlebt eine schlichtweg atemberaubende Tour. Mal wandert man über aussichtsreiche Höhen, mal in den tiefen Einschnitten durch schattige Kiefernhaine. Oft trennen nur wenige Zentimeter Pfad und Klippenkante. Meist sind nur der Wind, die Rufe von Möven und die Brandung in der Tiefe zu hören. Bei jedem Auf- und Abstieg öffnen sich neue, spektakuläre Ausblicke auf die senkrecht ins Meer fallenden Felswände. Man sieht förmlich Caspar David Friedrich in Shorts und Strohhut im Spanienurlaub eine neue Version seiner Kalksteinklippen malen.

Am Ende holt einen der Logenblick aus 237 m Höhe auf den Hochhauswald von Benidorm in die Realität zurück. Das an dieser Stelle stehende riesige Kreuz hatten die Anwohnerinnen und Anwohner 1961 auf den Berg hinaufgeschleppt. Sie wollten damit ein Zeichen setzen gegen den noch jungen, aber bereits als zügellos und frivol verschrienen Tourismus in der Stadt. Viel geholfen hat es nicht. Benidorm ist die heute DIE Touristenhochburg an der Costa Blanca und der Weg hinauf zum »Creu« eine beliebte Touristenattrakktion.

Insider-Tipps zur Tour:

Tipp #1: Die im Buch beschriebene Anfahrt zum Ausgangspunkt in Benidorm ist nicht mehr möglich. Daher empfehle ich, in Albir am Parkplatz des Leuchtturmwegs zu starten (auch wenn es hier voll ist: Die meisten Ausflügler gehen zum Leuchtturm oder nur bis zu den Antennen auf dem Gipfel; Tour 20). Direkt hinter dem Info-Häuschen beginnt der gelb-weiß markierte Wanderweg. Von Benidorm zurück fährt Bus Nr. 10 (nächste Haltestelle rund 300 m vom Kreisverkehr am Rincón de Loix entfernt, Fahrzeit 35–45 Min.).

Tipp #2: Badesachen mitnehmen: Luft und Wasser sind in Benidorm meist etwas wärmer als in der Bucht von Altea und Albir. Baden oder ein kurzer Sprung ins Wasser sind praktisch ganzjährig möglich.

Tipp #3: Die Sierra Helada ist auch vom Meer aus imposant, z. B. per Kajak ab dem Strand von Albir. Dafür muss die See aber extrem ruhig sein. Am besten vor 8 Uhr aufbrechen, da in der Regel ab 10/11 Uhr Wind und Wellen stärker werden.


#3 Lieblingstour an der Costa Blanca:
Sierra de Aitana: Das Dach der Costa Blanca

Die 1558 m hohe Sierra de Aitana ist nicht nur das höchste Gebirge an der Costa Blanca, sondern auch eines der schönsten. Nur wenige Kilometer hinter der touristisch erschlossenen Küste gelegen, taucht man hier in eine ganz andere, noch ursprüngliche Welt ein.

Ich mag den rauen, wilden, ungezähmten Charakter des imposanten Massivs, dem die Menschen unter harten Bedingungen hie und da ein Stück Land für Mandelplantagen abgetrotzt haben. Im Frühjahr setzen die überall in die Landschaft getupften weiß und rosa blühenden Mandelbäume liebliche Akzente. Schon ab Januar kann man die Nase in die honigsüß duftenden Blüten stecken und die ersten Frühlingsgefühle in sich aufsaugen. Und fast jeden Winter hüllt für wenige Tage Schnee die Aitana in ein weißes Kleid.

Rund um den mächtigen Gebirgsstock gibt es zahlreiche Wanderwege. Die Besteigung des Gipfels der Aitana ist natürlich ein Muss. Für einen noch besseren und weiteren Ausblick über die Provinz Alicante muss man schon fliegen. Aber auch der weiter östlich, also näher zum Meer gelegene Peña Mulero geizt mit seinen 1300 m Höhe nicht mit Reizen. Beide Berge lassen sich in getrennten Touren (Tour 30 oder 37) oder in Kombination von Tour 37 und 27 erklimmen.

Insider-Tipps zu den Touren:

Tipp #1: Am Rast- und Grillplatz Font de Partagat, dem Ausgangspunkt zur Besteigung der Aitana, sind die wenigen Parkplätze am Wochenende schnell belegt, daher die Tour besser unter der Woche angehen.

Tipp #2: Durch die Höhenlage ist es auch im Sommer in der Aitana immer ein etwas kühler und weniger schwül als an der Küste, sodass man auch dann, bei frühem Aufbruch, gut wandern kann.

Tipp#3: Aber: lokale Hinweise zur Waldbrandwarnstufe beachten!


#4 Lieblingstour an der Costa Blanca:
Puig Campana: Der Berg mit der Zahnlücke

Der 1408 m hohe Puig Campana ist niedriger als die Sierra de Aitana, dominiert aber durch seine wuchtige Gestalt seine Landschaft. Sein Gipfel ist nur knapp 8 km vom Meer entfernt – ein Superlativ: Kein anderer höherer Berg auf der Iberischen Halbinsel liegt näher an der Küste. Die Aussicht von oben über die Costa Blanca ist grandios. Vorausgesetzt, keine Wolke hockt auf dem Gipfel. Ich brauchte drei Anläufe, bis ich, bei schönstem Sonnenschein gestartet, nach dem schweißtreibenden Aufstieg oben nicht im dichten Nebel stand.

An seiner Südflanke führt der »kilómetro vertical« zum Gipfel: auf nur 3,6 km geht es gut 1000 Hm steil bergauf. Einmal im Jahr wird hier ein Bergrennen veranstaltet. An der Nordflanke macht ein schmaler Serpentinenpfad den Auf- und/oder Abstieg etwas einfacher.

Eine gute Alternative ist »nur« die Umrundung des Bergs, bei der man aber auch auf fast 1000 m Höhe gelangt. Schon kurz nach Tourstart taucht man in eine wunderbare mediterrane Landschaft mit herrlichen Weitblicken in das bergige Hinterland ein, später liegt einem die gesamte Küste, von der Sierra de Bèrnia im Norden über die Sierra Helada und Benidorm bis fast nach Alicante im Süden, zu Füßen.

Insider-Tipp zur Tour:

Tipp #1: Am Ausgangspunkt Font del Molí und Umgebung findet man an den Wochenenden kaum einen Parkplatz. Auch auf dem Weg ist viel los, dazu kommen zahlreiche Läuferinnen und Läufer, die den Rundweg zum Trailrunning nutzen. Ungestörter wandert es sich unter der Woche.


#5 Lieblingstour an der Costa Blanca:
Barranc de l’Arc: Entspanntes Wandern in einem stillen Tal

Wenn ich Lust auf eine längere Wanderung habe, mir aber kein Bein ausreißen möchte, dann mache ich diese Tour. Der Barranc de l’Arc am Fuß der Sierra de Aitana ist ein schönes weites mediterranes Hochtal mit Mandel- und Olivenplantagen, eingerahmt von Kiefernwäldern.

Der Rundweg ist eher weniger bekannt, sodass man selbst am Wochenende kaum Menschen begegnet. Auch das Wandern selbst ist ganz entspannt: Auf einem unbefestigten Fahrweg schlendert man ganz bequem auf rund 700 m Höhe, dann sorgt ein kurzer Auf- und Abstieg auf einem schmalen Pfad für etwas Würze, belohnt einen aber mit einem schönen Blick aus gut 800 m Höhe bis zum Meer. Wieder auf einem Fahrweg dominiert die imposante Nordflanke des Puig Campana die Kulisse. Dichte Kiefernwälder bedecken sein bergiges Umland – jedes Mal hoffe ich inständig, dass niemals ein Waldbrand diesen Naturschatz zerstört.

Am Ende kommt man an einem der beliebtesten Klettergebiete der Region vorbei: In den Felsen nahe Sella hört man am Wochenende das Klicken der Karabiner und die Rufe der in den Seilen hängenden Kletterinnen und Kletterer, viele verbinden es mit einem Familienpicknick im Kiefernwald unter den Felswänden.

Insider-Tipps zur Tour:

Tipp #1: Der Parkplatz am Ausgangspunkt ist am Wochenende schnell belegt, ein Stück weiter der neuerdings betonierten Straße folgend finden sich weitere Stellplätze.

Tipp #2: Anders als die anderen Touren kann man diese auch mit Trekking-Halbschuhen unternehmen. Das kurze Pfadstück ist nicht so anspruchsvoll, dass knöchelhohe Wanderschuhe notwendig sind.


Buchtipp: Rother Wanderführer »Costa Blanca«

In unserem Rother Wanderführer »Costa Blanca« findest du alle vorgestellten Touren mit den dazugehörigen Infos, Höhenprofilen und geprüften GPS-Tracks.

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Von herrlichen Frühlingsblüten bis zu warmen Herbsttagen – an der Costa Blanca, der beliebten Urlaubsregion in Spanien, lässt es sich nahezu ganzjährig bestens wandern. Höhepunkte im Landesinneren sind Quellen, Höhlen, Tälern voller Mandel- und Olivenbäume und viele Burgen aus maurischer Zeit.

Der Rother Wanderführer »Costa Blanca« stellt
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Unsere Rother-Autorin Cordula Rabe kennt sich auch auf dem Jakobsweg bestens aus. Wie sie mithilfe des dort gewonnenen “Pilgerspirits” ihren eigenen Weg durch die darauffolgende Pandemie gefunden hat, beschreibt sie amüsant und kurzweilig in ihrem Blogartikel:

Autor

Unsere Autoren schreiben nicht nur Bücher, sondern auch spannende Beiträge für den Rother Wanderglück-Blog. Vielen Dank an die besten Autoren, die es gibt! Vielen Dank, dass ihr so fleißig seid und uns hier auf unserem Wanderglück-Blog tatkräftig unterstützt!

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