Gastbeitrag von Tine und Steffi vom Blog campingkorrespondent

Alpine Mehrtagestour: Meraner Höhenweg

Bei Tine und Steffi vom Blog campingkorrespondent fing alles mit einem blauen VW Bulli Syncro an. Sechs Wochen und 8.000 Kilometer später stand für die beiden fest: So und nicht anders wollen sie reisen. Dass sie aber auch immer noch genügend Zeit für ausgedehnte Weitwanderungen finden, kann man in ihrem Blog nachlesen. Besonders begeistert sind sie vom Meraner Höhenweg – lest selbst:

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Wir lieben diesen Höhenweg. Er hat das Zeug zum Missionar. Denn wir sind überzeugt davon, dass dieser Weg selbst sture Wandermuffel zum Staunen bringt. Wetten?

Der Meraner Höhenweg ist in einem Wort: perfekt. Perfekt für eine Woche Abenteuer. Perfekt, weil er in den wenigen Tagen ein Feuerwerk an Erlebnissen zündet. Perfekt, weil er eine moderate konditionelle Leistung abverlangt. Nach sechs Etappen – und keinem Tag Muskelkater – sind wir Freunde. Forever.

Jede der sechs Etappen ist anders, jede ist eigen. Das werden Stephan, mein Wanderbegleiter und ich schnell feststellen. Wir starten an einem wolkenlosen Tag in den wohl schönsten Panoramaweg, der auf seinen gut 90 Kilometern alle Wanderbedürfnisse kombiniert: Hoch- und Mittelgebirge, Wasserfälle, Nadelwälder, auf kargen Steigen und in den Fels geschlagenen Pfaden.

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Wir sind mit dem Zug nach Meran gereist und haben erstmal in einer kleinen Pension eingecheckt. Früh am nächsten Morgen nehmen wir den Bus, hoch nach Dorf Tirol und steigen dort in die Gondel zur Bergstation Hochmuth auf 1.361 m. Wir sind oben und bleiben es auch die nächsten Tage.
Die Sonne im Nacken, Meran zu unseren Füßen wandern wir los Richtung Giggelberg, unserem ersten Etappen-Ziel. Wir gehen im Uhrzeigersinn, so nehmen wir langsam an Höhe zu und wandern die ersten beiden Tage die mediterrane Südseite des Höhenweges entlang. Das Panorama und der wolkenlose Himmel lassen keinen Zweifel: hier sind wir richtig. Unser Blick schweift über das Meraner Becken bis weit ins Vinschgau mit dem Ortler. Der Gletscher glitzert in der Sonne. Das erinnert mich an die Puzzlebilder meiner wanderbegeisterten Oma, die in ihrem schiefen Treppenhaus hingen. Am ersten Abend gönnen wir uns ein Doppelzimmer mit eigenem Bad. Der Gasthof Giggelberg liegt auf 1.563 m. Zur Belohnung bestellt sich jeder ein Knödeltris. Es wird nicht das letzte bleiben.

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Am nächsten Morgen steigen wir begeistert in die zweite Etappe, die uns über den 1.000-Stufen-Weg, ein paar Leitern und eine hübsche Hängebrücke ins Schnalstal nach Katharinaberg bringt. Gestern haben wir den höchsten Punkt der Südseite gemeistert, heute fließt der erste Schweiß. „Was sucht´s ihr?“ ruft uns eine ältere Frau mit Schürze entgegen. „Den Untervernatsch-Hof,“ antworten wir. „Dann kommt´s. Ihr seid am Ziel.“ Das alte Bauernhaus der Familie Mair steht hier seit 1248. Mindestens. Wenn das Haus reden könnte … Stephan und ich haben aber erstmal Ruhebedarf – und Hunger. In der Bauernstube serviert die Bäuerin unterm Herrgottswinkel. Es gibt: Knödeltris. „Ihr seid´s ja Vegetarier. Also Knödel für alle heut.“ Stephan und ich haben den Eindruck, die anderen Wanderer am Tisch hatten sich auf einen deftigen Braten nach Großmutters Art gefreut – vor allem das Paar, das den Höhenweg in drei Tagen umjoggen will.

Etappe 3 führt uns bergan bis hoch zum Eishof. Der liegt einsam im Talkessel vom Pfossental. Die Etappe ist kurz, weil wir nicht direkt ins Hochgebirge aufsteigen werden. Also nehmen wir uns Zeit für die Jausenstationen am Wegesrand. Zum Glück. Denn so entdecken wir den Mitterkaser. Die Wirtin kreiert ausgefallene Gerichte, gern in Zusammenarbeit mit Sterne-Köchen aus der Region. Und sie bewirtschaftet die Alm traditionell mit Milchvieh und Schwein. Ein Wohlfühlort. Dann langsam weiter und weiter ins Pfossental hinein, über Kuhweiden am Bachlauf entlang, bis wir am Horizont sehen, was uns morgen erwartet: die weißen Gipfel der Texelgruppe. Wir werden das Eisjöchl überqueren.
Doch für heute steht erstmal Bettenlager auf dem Programm. Wir haben wieder Glück und haben es ganz für uns allein. Die kichernde Reisegruppe nebenan ist nur durch die dünnen Wände zu hören. Zur Vesperzeit gibt es? Richtig! Ich weiche daher auf eine Nudelsuppe aus. Stephan bleibt bei der Knödel-Tris-Diät.

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Am Morgen des vierten Tages begrüßt uns dichter Nebel. Als wir starten wissen wir also noch nicht, dass oben sogar eine Schneeballschlacht möglich sein wird. Auf acht Kilometern überwinden wir fast 900 Höhenmeter. Der Weg ist gut präpariert und wir erreichen das Eisjöchl auf 2.895 m bei klarem Himmel. Ein Rundblick wie aus dem Bilderbuch. In der Stettiner Hütte wärmen wir uns mit heißer Suppe, bevor es stoisch abwärts geht über Geröll und Trampelpfade. Das schlaucht. Zugegeben. Dass es auf dem gesamte Weg heute nur diese eine Jausenstation gibt, fällt uns erst gar nicht auf. Wir sehen uns wohl an der überwältigenden Landschaft satt. Das Doppelzimmer im Gasthof-Zeppichl ist dann der ideale Abschluss für diesen anspruchsvollen Wandertag. Müde fallen wir in die Betten.

Die letzten beiden Tage geht sich der Weg fast wie von selbst. Die Gipfel sind genommen. Jetzt laufen wir sozusagen zur Kür zurück bis nach Hochmuth, wo wir vor sechs Tagen gestartet sind. Und die gesamte Zeit über bewegen wir uns in einem ideal komponierten Auf und Ab zwischen 1.000 m üN bis gut 3.000 m üN und finden unseren Takt. Stephan voran, ich hinterher – weil ich so gern in die Gegend, auf Gipfel und nach Gämsen gucke.

Als wir noch eine Nacht in einem Zimmer an der Hochmuth-Bahn nehmen erzählt die freundliche Wirtin, „Sie hatten ja großes Glück. Diese sechs Tage waren die ersten, die in diesem Jahr schön und sonnig waren. Davor hat es nur geregnet.“ Ich erwähnte ja bereits: der Meraner Höhenweg ist perfekt. Und das mit dem Knödel-Tris ist auch nur halb so eintönig, wie es vielleicht klingen mag. Sehen wir es so, aufs Jahr gerechnet macht das 0,016 Knödeltris am Tag.

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Ratschlag: Fragt euch vorher, welche Etappen ihr gehen wollt? Wo wollt ihr übernachten? Welche Jausenstationen liegen günstig am Weg? Was muss ins Gepäck? Wie reist ihr am besten an? Antworten findet ihr mit Hilfe des Rother Wanderführers „Rund um Meran“.  Unser Wanderführer ist auch als e-Book erhältlich.

Wir wünschen euch auf eurer Wanderung viel Sonne und Freude. Wir hatten sie vom ersten bis zum letzten Schritt. 2015 feierte der Meraner Höhenweg übrigens sein 30. Jubiläum. Wir sagen: Hin mit euch und anschließend mit dem Camper tiefer ins Vinschgau vorstoßen und in Mals entspannen, einem der schönsten Campingplätze, die wir je besucht haben.

Dieser Artikel erschien erstmalig auf dem Blog von campingkorrespondent am 27. Juni 2015: https://campingkorrespondent.wordpress.com/2015/06/27/sudtirol-meraner-hohenweg/.
Fotos (c) Stephanie Lachnit / Camping Korrespondent

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