Ein Gastbeitrag von Jonathan Gallagher, Kartograph von freytag&berndt

Verbesserte Karten für eine erstklassige Navigation: Mit dem neuesten Karten-Update für die Rother App macht die Tourenplanung und das Navigieren im Gelände jetzt noch mehr Spaß! Die innovativen Karten in der Rother App setzen einen neuen Standard in der Genauigkeit und Benutzerfreundlichkeit in der digitalen Kartographie. Dank ihrer präzisen Darstellung und klaren Ästhetik sind sie ein unverzichtbares Werkzeug für Outdoor-Fans. Wir machen Schluss mit flachen Webkarten und setzen auf eine plastische Geländedarstellung mit detaillierter Felszeichnung, einem übersichtlichen, farblich markierten Straßen- und Wegenetz sowie realistischen Passstraßen! Erfahrt selbst, welche neuen Features und Vorteile die aktualisierten Karten der Rother App im Detail für euch bereithalten.

Das Kartenmaterial der Rother App stammt aus der erfahrenen Hand des Kartographen-Teams von freytag & berndt. Bekannt für ihre hochwertigen gedruckten Karten, die den strengen Regeln der Kartographie folgen und höchsten Qualitätsstandards entsprechen, betreten sie mit den modernisierten Webkarten für die Rother App nun völlig neue Wege. Jonathan Gallagher aus dem Kartographen-Team geht für uns näher auf die Innovation der neuen digitalen Karten ein und hebt deren Alleinstellungsmerkmal für die Rother App hervor.


Traditionelle Kartographie trifft OpenStreetMap

Bei unserer neuen Karte versuchen wir, die kartographischen Verfahren, die traditionell bei der Erstellung analoger Karten angewendet werden, zu automatisieren. Auf diese Weise können wir den gesamten Datensatz von OpenStreetMap verarbeiten, der die alleinige Grundlage für unsere neue Karte bildet. Dabei nutzen wir etablierte kartographische Techniken, die schon lange existieren und darauf abzielen, die Lesbarkeit und Benutzerfreundlichkeit einer Karte zu optimieren. Diese Techniken sind in zeitgemäßen Webkarten oft nicht vorhanden, obwohl sie entscheidend für eine hochwertige Kartenanwendung sind.

Schaut euch die verbesserte Karte direkt an!
Mit dem roten Schieberegler wird das neue Kartenbild (links) über das alte Kartenbild (rechts) gelegt:

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Original

Links: Neues Kartenbild “Großglocknergebiet” – Rechts: Altes Kartenbild “Großglocknergebiet”


Obwohl eine Karte in erster Linie ein gut funktionierendes Werkzeug sein soll, darf sie auch ruhig schön aussehen und zum Träumen einladen.

Jonathan Gallager, Kartograph bei freytag&berndt

Ein kleiner Exkurs zum Verfahren der Generalisierung in der Kartographie

Seit Jahrhunderten widmet sich die Kartographie als wissenschaftliche Disziplin dem Ziel, umfassende und relevante räumliche Informationen sowie ihre Beziehungen zueinander präzise auf einer vereinfachten Maßstabsebene darzustellen. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist der begrenzte verfügbare Platz, der eine der größten Herausforderungen beim Erstellen von Karten darstellt. Um diesem Problem zu begegnen, haben Kartographen wie Eduard Imhof und Jaques Bertin im 20. Jahrhundert ein Regelwerk entwickelt, das als kartographische Generalisierung bekannt ist. Diese Techniken ermöglichen es, relevante Informationen klar und ästhetisch ansprechend auf begrenztem Raum grafisch darzustellen. Lange Zeit war die Beherrschung dieser Techniken entscheidend für die Qualität einer Karte.

Getrieben von visionären Software- und Webentwicklern, haben die traditionellen Generalisierungstechniken der Kartographie in den neuen Webkarten jedoch weitgehend an Bedeutung verloren und finden bis heute nur zögerlich ihren Platz in diesen. Mit den neuen Karten für die Rother App haben wir uns diesem Problem angenommen und versucht, eine Brücke zwischen der analogen und der digitalen Welt in der Kartographie zu bauen indem wir die digitalen Karten verstärkt nach analogen Verfahrensweisen erstellt haben.


Verbesserte Geländedarstellung mit Felszeichnung

Die auffälligste Verbesserung in den neuen Karten der Rother App betrifft die Darstellung des Geländes. Auch hier wird auf etablierte kartographische Techniken aus der analogen Welt zurückgegriffen und versucht, sie zu automatisieren. Profitiert wird dabei in besonderem Maße von der Arbeit des Schweizer Kartographen Roman Geisthövel, der an der Automatisierung der Felsdarstellung im Stil der Schweizer Landeskarte geforscht hat. Die Felszeichnung ist eine Technik, die vor allem im Alpenraum entwickelt wurde und in der Schweiz perfektioniert wurde, um sehr steile und zerklüftete Felsformationen darzustellen, die durch herkömmliche Mittel wie Höhenschichtlinien nur unzureichend wiedergegeben werden können.

Neue Vermessungstechnologien ermöglichen den Zugriff auf hochauflösende Geländemodelle, was zu einer erheblich verbesserten Datengrundlage führt. Angesehene Kartographen wie Tom Patterson und John Nelson nutzen diese Modelle, um beeindruckende Geländedarstellungen mithilfe moderner Computergraphik zu erstellen. Viele ihrer Techniken werden hier auch genutzt, um der Geländedarstellung den letzten Schliff zu verleihen. So ist jetzt auch der Verlauf von Graten und Kammlinien gut nachvollziehbar.

Die Zeiten, in denen digitale Wanderkarten flach aussehen, sind definitiv vorbei!
Mithilfe des roten Schiebereglers lässt sich das neue Kartenbild (links im Bild) komplett aufziehen:

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Original

Links: Neues Kartenbild Lienzer Dolomiten – Rechts: Altes Kartenbild Lienzer Dolomiten


Verbesserte Lesbarkeit und Nutzerfreundlichkeit

Die Objekt-Auswahl beinhaltet das bewusste Weglassen oder Auswählen von Objekten oder Objektklassen, die für den aktuellen Maßstab und den Verwendungszweck der Karte als unwichtig oder wichtig erachtet werden.

In heutigen Webkarten neigen wir dazu, ganze Objektklassen auszublenden, wenn der Maßstab verkleinert wird. Zum Beispiel werden ab einem bestimmten Maßstab alle Wohnstraßen einer Stadt ausgeblendet oder alle Städtenamen mit einer Einwohnerzahl unter 100.000. Allerdings hängt die Auswahl der anzuzeigenden Objekte immer von der Umgebung ab. Wenn das Netzwerk der Hauptstraßen dünn oder nicht vorhanden ist, wäre es wünschenswert, stattdessen Wohnstraßen zu zeigen, insbesondere wenn genügend Platz vorhanden ist. Ebenso sollten in dünn besiedelten Gebieten kleinere Städte angezeigt werden, die in dicht besiedelten Gebieten weniger relevant sind.

In unserer neuen Karte nutzen wir daher die Dichte und Konnektivität des Straßennetzes und wenden einen geeigneten Algorithmus an, um die Straßen anstatt ganze Straßenklassen auszublenden. Auf diese Weise erreichen wir eine angemessene Informationsdichte, die die Lesbarkeit und Nutzerfreundlichkeit der Karte unterstützt.

Seht selbst, wie viel detaillierter das Straßen- und Wegenetz auf den neuen Karten dargestellt wird.
Einfach das neue Kartenbild (links) mit dem roten Schieberegler über das alte Kartenbild (rechts) legen:

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Original

Links: Neues Kartenbild rund um Trento – Rechts: Altes Kartenbild rund um Trento


Vereinfachung in der Darstellung von Straßenverläufen

Die Vereinfachung zielt darauf ab, detaillierte Formen zu reduzieren, die bei kleiner werdendem Maßstab nicht mehr dargestellt werden können. Das Hauptziel in Webkarten ist dabei die Reduzierung des Datenvolumens.

Für diese Aufgabe wird oft der Douglas-Peucker-Algorithmus verwendet. Er entfernt relativ redundante Stützpunkte einer Linie. Dabei wird jedoch der äußerste Punkt eines Bogens beibehalten, was zu spitzen Knicken in der Linie führen kann. Besonders deutlich wird dies bei Straßen, die sich in Serpentinen einen Bergpass hochwinden. In Webkarten erscheinen diese oft als eine Reihe scharfer Zacken, die in Extremfällen schwer eigenständig wahrnehmbar sind.

Um diesem Effekt entgegenzuwirken, haben wir bei der Erstellung unserer Karte den Wang-Müller-Algorithmus verwendet. Dieser erkennt relativ unbedeutende Windungen und Bögen in Formen und entfernt sie als Ganzes, wobei der allgemeine Charakter der Form erhalten bleibt. So sehen Passstraßen in der Karte realistisch und befahrbar aus.

Wie realistisch Passtraßen in unserer neuen Karte aussehen! Mithilfe des roten Schiebereglers wird der Unterschied zu der alten Karte deutlich – einfach hin und her bewegen:

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Links: Neues Kartenbild von La Palma – Rechts: Altes Kartenbild von La Palma


Klare Erkennbarkeit und Detailfreude im europäischen Straßennetz

Wenn mehrere relevante Objekte so nah beieinander liegen, dass sie nicht einzeln dargestellt werden können, schlagen die Regeln der Generalisierung vor, dass sie entweder kombiniert oder auseinander geschoben werden sollten. Objekte des gleichen Typs sollten zu einem einzigen Objekt kombiniert werden, während unterschiedliche Objekte so weit auseinander geschoben werden sollten, dass sie sich nicht mehr überlappen.

Die Anwendung dieser Techniken, sowohl die Kombination als auch das Auseinander­schieben, ist in modernen Webkarten noch nicht weit verbreitet. Das liegt zum Teil an der Komplexität der benötigten Algorithmen und zum Teil an der enormen Rechenleistung, die erforderlich ist, um sie auf globale Datensätze anzuwenden.

Trotz dieser Herausforderungen haben wir uns an die Anwendung dieser Technik auf das europäische Straßennetz gewagt. Obwohl die Automatisierung dieser Technik noch nicht perfekt ist, gibt es dennoch einige gelungene Beispiele. Insbesondere entlang enger Täler oder Seen, wo sich häufig mehrere Verkehrswege wie Straßen, Schienen und Wanderwege eng beieinander befinden und in den meisten Karten stark überlappen, fassen wir mehrgleisige Schienen sowie mehrspurige Straßen zu einem einzigen Element zusammen und verschieben sie so weit auseinander, dass sie jeweils klar erkennbar sind. Die wichtigsten Wanderwege sind deutlich in Rot hervorgehoben und mit Namen bezeichnet.

Schaut euch an, wie übersichtlich das Straßennetz in der neuen Karte dargestellt wird. Mit dem roten Schieberegler lässt das verbesserte Kartenbild (links) über das alte Kartenbild (rechts) ziehen:

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Links: Neues Kartenbild vom Walensee – Rechts: Altes Kartenbild vom Walensee


Kostenlos in der Rother App verfügbar

Wir wünschen euch viel Freude mit unseren neuen Karten! Sei es, um Inspiration für die nächste Tour zu finden, sie zu planen oder im Gelände zu navigieren. Die neuen Karten stehen ab sofort kostenlos in der Rother App zur Verfügung. Für Android, iPhone und Web auf www.rother.app.

Mock-Up neue Karten in der Rother APP. © freytag & berndt

Das Wichtigste im Überblick:

  • Exakte Karten mit genauer Geländedarstellung
  • Plastische Fels- und Gletscherdarstellung im Alpenraum
  • Markierte Wanderwege sind deutlich hervorgehoben und beschriftet
  • Klar und schön im Überblick
  • Präzise und deutlich im Detail
  • Downloadbar zur Offline-Nutzung
  • Als Wander- und Radkarte verfügbar –
    kostenlos in der Rother App


Info:
Die neuen Karten sind für den gesamten Globus verfügbar!
Allerdings ist die Erstellung trotz voranschreitender Automatisierung nach wie vor mit einem hohen Zeitaufwand verbunden, weswegen die verbesserte Geländedarstellung und insbesondere die Felszeichnung zunächst nur für den Alpenraum verfügbar ist. Nach und nach werden jedoch weitere Gebiete folgen.


Über Gastautor Jonathan Gallagher

Kartograph Jonathan Gallagher
Kartograph Jonathan Gallagher

Jonathan ist Kartograph bei freytag & berndt und hat eine Leidenschaft für zwei Dinge: Outdoor-Abenteuer dort, wo die Natur noch wild ist und seinen Beruf. Karten verbinden diese beiden Bereiche und er hat klare Vorstellungen und eine gewisse Kompromisslosigkeit, wie diese auszusehen haben, was nicht erst einmal zu Frust bei seinen KollegInnen geführt hat. Karten für ihn, müssen es ermöglichen das Gelände zu »lesen« und ihn inspirieren neue Orte zu entdecken.


Über freytag & berndt

freytag & berndt ist Österreichs Marktführer im Bereich Kartographie. Mit Firmensitz in Wien blickt das Unternehmen auf über 250 Jahre Erfahrung zurück. Das umfangreiche Sortiment umfasst rund 1.500 Karten und Atlanten mit den Schwerpunkten auf Wander- und Radkarten für Österreich und Deutschland, internationale Straßen- und Freizeitkarten sowie Stadtpläne aus dem In- und Ausland. Ein Team aus 30 Kartograph*innen sorgt für die Aktualität und hochwertige Qualität aller Karten. Zum Unternehmen gehört neben dem Verlag auch eine Auslieferung sowie eine Reisebuchhandlung in Wien sowie die Marke Rother Bergverlag.

www.freytagberndt.com


Autor

Katrin ist im Rother Bergverlag als Assistentin im Bereich Marketing tätig und lebt im südbayrischen Isarwinkel. Am liebsten ist sie vor der Haustür im wilden Karwendel auf sportlichen und abwechslungsreichen Touren unterwegs. Als ausgebildete Trainerin führt sie Bergwanderungen für den Deutschen Alpenverein und arbeitet als selbstständige Fotografin. Deshalb ist die Kamera ihr treuester Tourenbegleiter.

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